Donnerstag, 28.03.2024 18:19 Uhr

Gedanken zu Marcel Proust

Verantwortlicher Autor: Schura Euller Cook Wien, 11.07.2021, 14:46 Uhr
Kommentar: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 8011x gelesen

Wien [ENA] Wie dickflüssiger Honig fließt die Sprache des französischen Dichters Marcel Proust (1871-1922) langsam und eindringlich in Sprachmustern, die sich innig und präzise zu einem Gesamtkunstwerk entwerfen, dass immer irgendwie und immer irgendwann die existenzielle Frage stellt. Leben und Tod sind die großen Themen in der fein gesponnenen, manchmal morbid-erotischen Erzählung "Der Tod des Baldassar Sylvandre."

Der nur 36jährige schöne Freiherr Baldassar, wird in seinem langen Sterben gezeichnet mit wechselnden Bildern von Lebenslust und körperlichen Verfall, die das Geschehen in dunkle, düstere Farben hüllen und die Randfiguren wie Blumen den Friedhof säumen lassen. Da ist der 13jährige blühende Alexis, der von der unheilbaren Krankheit seines geliebten Onkels erschüttert, sich plötzlich über die Abgründe des Lebens klar werden muss. Da sind die tief traurigen und verzweifelten Augen der jungen, verheirateten Frau, die Baldassar während eines Schlossaufenthaltes kennenlernt und mit der er ein Liebesverhältnis beginnt. Es ist vielleicht die Szene, die das Wesen Proust am besten charakterisiert. Eros und Thanatos verschmelzen als Lust und Schuld.

Er schreibt, "...er betrachtet sie einen Augenblick, und da, in der höchsten Anspannung, erhob sie ihre flehenden Augen zu ihm, während gleichzeitig ihr gieriger Mund in einer unbewussten, krampfhaften Bewegung nach neuen Küssen wieder verlangte. ... von nun an schlossen sie die Augen, die die Verzweiflung ihrer Seelen enthüllten." Marcel Proust, bekannt für seine schier nicht enden wollenden Sätze, wie in dem 7bändigen Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", ist Meister einer durchaus raffinierten Subtilität, deren Spannung auch im Spiel mit Zeit, Erinnerung oder Déjà-vu-Erlebnissen liegt. Dabei wird das Ich in vielfache Bewusstseinszustände zergliedert, die sich ständig verändern und die Zeit in Frage stellen.

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